Was die Verpackung verrät

VerpackungenZwischen Nährwert und Marketing

Hast du dir schon mal die Nährwertinformationen und Zutatenlisten auf deinen Lieblingsprodukten angesehen? Weißt du was sich hinter all den Nummern und Namen verbirgt? Hast du dich schon mal gefragt, woher die Hersteller wissen, dass ihr Produkt einen bestimmten Prozentsatz deines Tagesbedarfs decken?

Lass und zusammen einen Blick auf die Lebensmittelverpackung werfen und dem Rätsel ein Ende setzen.

#Ein kurzer Hinweis vorab: die Nachfolgenden Produkte sind nur Beispiele, sie sind weder Repräsentativ für ihre Produktgruppe, noch will ich sie als besser/schlechter als andere darstellen. Sie dienen lediglich der Anschaulichkeit.#

Zwischen Werbung und Wirklichkeit

Aus den Supermarktregalen strahlen uns die schönsten Werbeversprechen entgehen. Europäische und Deutsche Gesetze regeln zwar in einigen Fällen die Verkehrsbezeichnung (wie sich ein Produkt nennen darf) und welche „Health Claims“ (=Gesundheitsversprechen) erlaubt sind, ansonsten handelt es sich bei der Vorderseite einer Produktverpackung um nichts anderes als Werbung. Es soll unsere Aufmerksamkeit erregen, Gefühle wecken und uns zum Kauf animieren. Da spricht auch nichts dagegen, wenn du als aufgeklärter Verbraucher weißt, was dahinter steckt. Ein bisschen wollen wir ja auch verleitet werden, sonst bliebe uns auch der reine Einkauf im Gemüseabteil. 😉

Nährwerte verstehen leicht gemacht?

Was ist die Nährwertangabe?

Die Nährwertangaben sind rechtlich vorgeschrieben und müssen auf allen verpackten Produkten (Ausnahmen sind frische Waren, wie Obst/Gemüse) vorhanden sein. In der EU* sind die Mindestangaben tabellarisch zu machen für den Gesamtenergiegehalt, sowie die Makronährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate. Dazu müssen die Werte für Zucker und Salz gegeben werden. Die Angaben müssen für die standardisierte Menge 100g bzw. 100ml angegeben werden.

Andere Nährwerte und gesundheitsbezogene Angaben sind freiwillig, dürfen aber nur angewendet werden, wenn diese wissenschaftlich belegt sind. Häufig handelt es sich dabei um Angeben zu Vitaminen und deren Tagesbedarf.

Was ist eine Portion?

Angaben pro Portion sind vom Hersteller freiwillig aufgedruckt. Eine Portionsgröße ist nicht vorgeschrieben und wird vom Hersteller selbst festgelegt, dadurch ist die Vergleichbarkeit zwischen Produkten dann z.T. schwierig. Wird eine Portionsgröße angegeben, muss auch dabei stehen, wie viele Portionen die Packung enthält. Im Beispiel (siehe Bild unten) „Mandelmus“ sind z.B. 17 Portionen á 15g im Glas enthalten.

Portionsgrößen des Herstellers weichen häufig stark von dem ab, was du und ich als Verbraucher als eine Portion sehen würden.

Wozu brauchen wir all diese Zahlen?

Zum einen machen die Angaben pro 100g/ml das Vergleichen verschiedener Produkte innerhalb einer Gruppe möglich. Zum anderen können sie (richtig interpretiert) helfen, wenn du dich fettarm ernähren möchtest oder auf deinen Salzkonsum achten willst (oder gar musst).

Für dich als Verbraucher ist dabei leider wenig auf Verständlichkeit geachtet worden. Denn obwohl die Gesamtenergie in kcal bzw. kJ angegeben ist, werden die Makronährstoffe in Gramm angegeben. Wer weiß dann als Verbraucher, dass Eiweiß und Kohlenhydrate je 4,1kcal/g und Fett 9,3kcal/g enthalten. Und wer hat Lust (und Zeit, ..) herum zu rechnen, wenn die Empfehlungen der DGE* eine Eiweiß-Kohlenhydrat-Fett Ratio vorschlagen?

Vorsicht! Die Angaben sind zum Teil etwas tückisch. Die Angabe der Fett–Gramm sagt nicht unbedingt etwas darüber aus ob es sich um ein fettarmes Produkt handelt. Auch die Angabe von Zucker mag verwirren. Denn angegeben ist nicht nur die Menge an zugesetztem Zucker, sondern auch natürlich enthaltene Zucker (z.B. der Fruchtzucker aus Obst etc.). Im Praxisteil zeige ich dir wie du herausfindest, was du da essen willst.

Zutaten – was wir wirklich essen

Neben der Nährwerttabelle ist auch die Zutatenliste verpflichtend. Die Angaben erfolgen absteigend (bezogen auf das Gewicht). Also zuerst was am meisten enthalten ist. Bei namensgebenden Zutaten (im Beispiel Mandeldrink eben die Mandeln) werden noch die prozentualen Anteile am Gesamtgewicht angegeben.

Neben Zutaten die wir aus der eigenen Küche kennen, lesen wir z.T. auch welche die im Haushalt eher unbekannt sind. Da E-Nummern in den letzten Jahren einen schlechten Ruf bekommen haben, gehen viele Hersteller dazu über den Handelsnamen der Zusatzstoffe zu nennen. Aus dem bedrohlich klingenden E410 wird so das natürlich klingende Johannisbrotkernmehl. Aber auch Zutaten die im ersten Moment nicht sehr lecker, klingen wie „Tricalciumphosphat“ sind ungefährlich. Das Tricalciumphosphat ist der Calcium-Zusatz, welcher dem Mandeldrink (siehe Beispiel unten) mehr Mikronährstoffe verleihen soll.

Ob all diese Zusatzstoffe nötig sind, ist natürlich eine andere Frage. Hersteller verwenden sie um die Produkte in Konsistenz, Geschmack, Farbe, Haltbarkeit, etc. zu verändern. Du kannst dir vor dem Kauf überlegen, wie viel davon für dich noch in Ordnung ist und auf welche du verzichten willst.

Zutat Zucker: Neben den Zusatzstoffen spielen die Hersteller auch gerne mit den vielen Namen des Zuckers. Ich hatte darüber schon in meinem Beitrag „Zucker – die Süße im Leben“ geschrieben. Alle Bezeichnungen die auf -ose (wie Fruktose, Maltose,..), -Sirup und -Süße enden, sowie Honig alle Obst-Dicksäfte gehören zur Zuckerfamilie.

Die Praxis

Das hübsche Produktgesicht

mandelprodukteSchauen wir doch mal genauer hin bei einer Packung Mandeldrink. Die Vorderseite zeigt uns die reine Nuss (und noch ein paar Blätter für die Natürlichkeit). Sehr schön finde ich gerade in diesem Fall den häufig zu findenden Aufdruck „Serviervorschlag“, der den Hersteller davon befreit eine genaue Abbildung des Produktes darzustellen. Ich trinke meinen Mandeldrink ja nicht schwebend zwischen Mandelhälften – einfach weil ich dann zu sehr kleckere. Wichtig für dich ist, dass die Abbildung mit diesem Zusatz dem Produkt nicht entsprechen muss. Das Bild kann also etwas zeigen, was mit der erkauften Wirklichkeit nichts gemeinsam hat. Vielleicht hast du schon mal ein Fertiggericht gekauft, dann hast du diese Differenz sicher bemerkt.

Die Verpackung sagt uns dass dieses Produkt keinen Soja enthält (gut für Allergiker und Menschen mit Unverträglichkeiten gegen dies). Hier dient es vielleicht als Lockmittel um auf der aktuellen „frei-von“-Welle mit zu schwimmen. (Ich werde noch einen Beitrag über die Frei-von-Produkte (Laktosefrei, Glutenfrei, …), und ihren Nutzen und Nachteil schreiben)

Die Aufschrift „Original“ lässt sich schwer werten, ich würde unter der Original-Rezeptur einen Drink aus Mandeln und Wasser verstehen. Was der Hersteller darunter versteht, dazu gleich nochmal bei der Betrachtung der Zutaten.

Für alle die auf Kalorien achten, finden wir gleich den Hinweis 24kcal/100ml (das ist im Vergleich zu anderen Pflanzendrinks und Milch sehr wenig). Wenn du Kalorienangaben auf der Vorderseite findest, dann häufig nur weil es um ein kalorienarmes Produkt geht oder die Angaben auf eine Portion bezogen werden.

Der Hersteller hat uns auch gleich noch wichtige Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Mit so vielen wichtigen Inhaltsstoffen kann es ja nur gesund sein, oder? Die Aufschrift „fettarm“ klingt auch als wäre dies ein tolles Produkt für alle die auf ihre Figur achten wollen.

Die Nährwerte

Schauen wir uns die wichtigsten Zahlen an.

Die Nährwerte des Mandeldrinks zeigen uns neben der bereits bekannten Kalorienangabe, dass dies aus 1,1g Fett besteht. Ohne Taschenrechner können wir grob überschlagen, dass ∼1g Fett etwa 10kcal sind und somit rund die Hälfte der Energie dieses Produktes aus dem Fett kommt. Soviel zum Thema „fettarm“. Ein Gramm klingt natürlich nicht viel und da dieser Drink wohl nicht die einzige Energiequelle darstellt, ist die aufgenommene Menge an Fett wenig im Gesamtspeiseplan. Trotzdem solltest du dir bewusst machen, dass es sich hier um Angaben bezogen auf das Gewicht und nicht auf die Energie handelt. Bei Getränken ist der Hauptanteil des Gewichtes Wasser und somit sind nahezu alle Nährwerte im niedrigen Bereich.

Die drei Gramm Kohlenhydrate stammen komplett aus Zucker(n). Bei dieser Angabe ist es wichtig im der Zutatenliste nachzusehen, woher diese Zucker kommen. Sind es natürlich enthaltene oder zugesetzte Zucker. Ein hoher Zuckergehalt wirkt zuerst abschreckend, stammt er aber allein aus Früchten, wäre nichts gegen das Produkt auszusetzen.

Auf welche Werte ich sonst achte und wie ich wähle, gleich im Tipp.

Die Zutaten

Das die erste Zutat bei einem Getränk Wasser ist, überrascht wenig. Doch an zweiter Stelle Zucker? Bei einem Mandeldrink? Das verrät uns, dass die Zuckerkalorien wohl hauptsächlich aus dem zugesetzten Zucker kommen und zu einem vernachlässigbarem Anteil aus den Mandeln. Die Zutaten nach den Mandeln zeigen und noch die zugesetzten Vitamine und das Calcium, sowie Zusatzstoffe, welche die Konsistenz des Drinks zu einem angenehmen Mundgefühl machen sollen.

Die Qual der Wahl

Bei der heutigen Produktvielfalt können wir fast immer zwischen mehreren Alternativen wählen. Statt zu dem schönsten Produkt oder der lautesten Werbung zu greifen, kannst du jetzt die Rückseite entschlüsseln. Häufig kannst du zwischen Alternativen mit oder ohne Zucker (oder was auch immer) greifen. Überlege einfach, ob du diese Zutat beim Kochen zuhause mit hinein gepackt hättest.

Ein Produkt mit viel Fett/Zucker/Salz (…) kann als Würzmittel in einer ausgewogenen Ernährung seinen Platz haben. Und ab und an etwas zu essen, was nicht den höchsten Gesundheits-„Standards“ genügt, ist durchaus in Ordnung, wenn du es bewusst tust.

5 Tipps für die Produktauswahl

#1: Lass dich nicht von der Werbung auf der Produktvorderseite verleiten. Dort ist wenig reglementiert und vieles erlaubt um den Verkauf anzuheizen.

#2: Die Fettangaben beziehen sich auf das Gewicht, also überschlage im Kopf mal 10 und du erkennst fettreiche Produkte. Die Aufschriften „Mager“, „Light“ und „Fettarm“ sind häufig keine Hilfe.

#3: Schaue auf die Zutaten: Woher kommt der Zucker? Ist das Getreide Vollkorn? An welcher Stelle steht was.

#4: Wenn auf der Nährwerttabelle der Ballaststoffanteil angegeben ist: hier ist mehr besser!

#5: Achte auf die Portionsgrößen. Eine Packung ist häufig mehr als eine Portion, wenn es nach dem Hersteller geht.

Und meine persönliche Empfehlung

If I can’t read it – I don’t eat it

(also: wenn ich eine Zutat kaum aussprechen kann, dann esse ich es auch nicht)


Quellen: BLL (Bund für Lebensmittelrecht und -kunde); DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)
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2 Gedanken zu “Was die Verpackung verrät

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