Fett oder Zucker

Wer ist der wahre Bösewicht?

Es gibt verbitterte Kämpfe um die richtige Ernährung. Low Fat (oder high-carb)-Anhänger verteufeln Fett, weil es sich scheinbar direkt nach der Nahrungsaufnahme in unsere Zellen verkriecht. Low Carb-Verfechter dagegen verteufeln Kohlenhydrate (und damit alle Zuckerarten), weil diese eine Insulinantwort fordern und Insulin, als das böse Fetteinlagerungs-Hormon gilt. Doch wer hat die besseren Argumente und wem sollte man für eine gesunde Ernährung folgen? Hat eines der Konzepte die Nase vorn, wenn ums Abnehmen geht?

Die Anklageschrift gegen Fett

Der Dickmacher

Fett galt lange als der Dickmacher schlechthin. Grund ist sein hoher Brenwert. Mit 9kcal pro Gramm ist er der gewichtigste Vertreter unter den Nährstoffen und bringt mehr als doppelt soviel Energie wie Kohlenhydrate oder Protein (je 4kcal/g). „From the lips to the hips“ (als vom Mund direkt auf die Hüften) stimmt dennoch nur, wenn die Energiebilanz nicht ausgeglichen ist. Auch Nahrungsfett muss erst aufgespalten, über Trägermoleküle in den Blutkreislauf und dann in die Zellen transportiert werden. Das benötigt weniger Aufwand als die Umwandlung aus anderen Nährstoffen mit sich bringen würde, macht aber deshalb nicht unbedingt fett.

Auslöser von Herz-Kreislauferkrankungen

Doch nicht nur das. Bereits in den 1950’er veröffentlichte Ancel Keys mit seiner „Sieben-Länder Studie“ die These, dass hoher Fettkonsum (hier vorallem gesättigte Fette) Grund für Herz-Kreislauferkrankungen wäre. Diese Ergebnisse werden von Befürwortern der low-fat Fraktion natürlich gerne angeführt, aber aus den Gegenlagern gerne auf schlechtes Studiendesign reduziert und mit eigenen Studien widerlegt. Nichts desto trotz gibt es auch andere Untersuchungen und klinische Versuche, die einer low-fat Ernährung gesundheitlichen Nutzen zusprechen. So zeigte Cadwell Esselstyn, dass damit sogar bereits geschädigte Arterien wieder in einen gesunden Zustand zurückgeführt werden können. Und Neal Bernard zeigte in einer Studie, dass eine pflanzliche low-fat Ernährung gegenüber herkömmlichen Empfehlungen bei der Diabetes-Behandlung die Nase vorn hat.

Damit es auch nicht zu einfach ist: einige Studien befassen sich mit der Energiemenge aus Fett in der Gesamternährung, einige betrachten die gesättigten (meist tierischen) Fette und andere sehen auch ungesättigte Fette in ihrem Feindbild.

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Die Beschuldigungen gegenüber Zucker

Derzeit ist besonders Zucker in der Kritik, nicht nur von der low-carb Fraktion. Zucker wird mit der steigenden Ausbreitung von Übergewicht nun in Zusammenhang gebracht, weil scheinbar die Belehrungen zu Fettreduktion keine Abhilfe brachten. (Dabei wäre bei einem genauen Blick zu erkennen, dass die Ermahnung allein keinen Einfluss hatte, es wird nicht weniger Fett verzehrt.)

Mittäter Insulin

Zucker (oder genauer Glukose – einer der Einfachzucker in unserem Haushaltszucker) ruft Insulin auf den Plan. Nehmen wir Glukose zu uns, dann wird Insulin ausgeschüttet, um den Zucker in die Zellen zu transportieren und den Blutzuckerspiegel auszugleichen. Insulin ist dabei kein böses Hormon, das uns Fett machen will, sondern es will Energie in die Zelle bringen, damit diese Leistung erbringen können. Unsere Muskeln und auch unser Gehirn sind schließlich nicht nur Dekoration. Sind unsere Energiefresser allerdings versorgt und fühlen sich pappsatt, dann wird der Rest zur Bank gebracht und füllt unsere Fettzellen. Denn einfach weiter im Blut schwimmen dürfen die Zuckermoleküse nicht, um die Blutgefäße nicht zu beschädigen.

Viel Insulin im Blut sorgt aber nicht nur dafür, dass Energie in all die Zellen aufgenommen wird, es verhindert auch dass Energiereserven aus den Fettdepots freigegeben werden.

Nehmen wir viele Einfachzucker zu uns (wie Haushaltszucker, aber auch Weißmehlprodukte), dann steigt der Blutzuckerspiegel schnell an und im Eifer des Gefechts übersteuert die Bauchspeicheldrüse mit der Insulinproduktion. Jedes „Insulinchen“ möchte aber eine Kleinigkeit abstauben und so wird mehr Energie aus dem Blut geschafft als nötig. Folge ist ein zu niedriger Blutzuckerspiegel. Wir fühlen uns wieder schwach – Unterzuckert – und bekommen Hunger.

Der böse Zwilling

Neben der Glukose gibt es aber auch noch die Fruktose (auch Fruchtzucker genannt), auch ein Bestandteil des Haushaltzuckers. Fruktose führt nicht zu einer Insulinreaktion. Was im ersten Moment gut klingt wurde in der Vergangenheit auch Diabetikern angeraten, doch der Teufel steckt im Detail. Fruktose kann nur von der Leber verstoffwechselt (also verarbeitet) werden. Dabei werden auch Fette in der Leber umgesetzt. So kann Fruktose zur Fettleber beitragen, aber auch zur vermehrten Einlagerung von Fett in Fettzellen und damit auch im Zusammenhang stehende Krankheiten begünstigen.

Ob Zucker (und hier bezieht man sich zumeist auf den Haushaltszucker) auch an der Hautalterung (und anderen Hautproblemen) seinen Anteil hat oder sogar Krebszellenwachstum (in den verschiedensten Organen) anregt wird immer wieder untersucht.

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Fazit

Es sieht im ersten Moment düster aus. Was bleibt dir da noch auf dem Teller? Solltest du in Zukunft nur noch an faden grünen Blättern knabbern?

Nein! Jede Partei zieht immer extreme aus dem Ärmel. Manchmal nicht zu Unrecht, wenn man einen Blick auf die heutigen Lebensmittel wirft. Aber dabei handelt es sich in den meisten Fällen eben nicht um reine Fett- oder Zuckerbomben, sondern und Fett-Zucker-Kombinationen. Noch eine Prise Salz darauf und wir können kaum widerstehen. Puren Zucker löffeln oder reines Öl schlürfen, das wollen doch wohl die wenigsten.

Du musst also weder auf Fett noch auf Zucker ganz verzichten. Es geht um ein gesundes Maß. Am Besten in Form von natürlichen und naturbelassenen Lebensmitteln. Also lieber die ganzen Nüsse, statt nur deren Öl und reife Früchte statt Haushaltszucker. Dann kommen Fette und Zucker mit Vitaminen/Mineralstoffen und Ballaststoffen, welche alle für eine gute Verwertung in deinem Körper sorgen.

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